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Sprache verdient mehr Respekt

Gesellschaftliche Verantwortung sollte mit dem Sprachgebrauch beginnen.

Wer Sprache liebt, braucht heutzutage gute Magen-nerven. Mindestens jeder zehnte Zeitungsartikel-Titel weist grobe Rechtschreib- und Grammatikfehler auf. Hinzu kommen gerne irreführende Titel: Was im Titel großmäulig angekündigt wird, findet im Text mit keinem Mucks Erwähnung. Die Absicht dahinter ist durchschau-bar: Klickzahlen sollen generiert werden, die edle Aufgabe Informationen und damit Wissen und Verständnis weiterzugeben fällt unter den Tisch.

In den Social Media gehört derartiger Sprachunfug fast zum guten Ton: Fort mit Rechtschreib- und Grammatikregeln! Wir setzen uns darüber hinweg! Genauigkeit der Information – denn die hängt auch von Satzzeichen ab – ist Nebensache.

Alltägliche Behinderungen und wichtige Benachteiligungen

Woher kommen diese Missstände? Ein Grund, der bei Medien ins Auge springt: Sprachqualität hat ihren Preis. Geld scheint wichtiger zu sein. Daher also lieber Husch-Pfusch-Informationen. Die Vermutung, dass auch beim Recherchieren gespart wird, liegt nahe. Das heißt, nicht nur die Sprache bleibt auf der Strecke, sondern auch die Wahrheit.
Bei nicht-professionellen Schreibern gilt häufig: Sie haben’s nicht gelernt! 2022 gab es Medien-berichte (Der Standard, news.ORF.at) zum Analphabetismus in Österreich. Von rund einer Million Menschen (ab 15 Jahren) war da die Rede, die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben. Statista nennt für das Jahr 2020 eine weltweite Analphabeten- Quote von 13 Prozent. Dazu zählen beileibe nicht nur „Ausländer“ oder „Ungebildete“: Auch Uni- und FH-Absolventen haben manchmal Probleme längere, kompliziertere Texte zu verstehen.
Menschen mit Leseschwierigkeiten sind oft diejenigen, die – wenn es ums Speisekarte-Lesen geht – „die Brille vergessen“ haben. Dabei gibt es Wichtigeres als eine Speisekarte, das den Menschen mit Lese- und Schreibeschwierigkeiten entgeht. Zum Beispiel Politiker-Versprechen, die es zu über-prüfen gilt. Mangelnde Aus- und Weiterbildung ebnet das Terrain für das ungefilterte Glauben von irreführenden und falschen Behauptungen.

Mach' mir doch bitte ein X für ein U vor!

Sprache kann bei Populisten, Diktatoren, Demagogen zum gefährlichen Werkzeug werden. Wenn ausgewählte Worte und sprachliche Bilder dazu benützt werden, bestimmte Wertebilder zu erzeugen und zu bedienen.

Die Allensbacher Markt- und Werteträgeranalyse aus dem Jahr 2023 listet zu den wichtigsten Lebensaspekten, Zielen und Werten der Deutschen auf: für 83,6 % waren gute Freunde und enge Beziehungen zu anderen Menschen am wichtigsten. Die weiteren Nennungen: Familie, eine glückliche Partnerschaft, Unabhängigkeit, viel Spaß haben und das Leben genießen, soziale Gerechtigkeit, Kinder haben, Not-leidenden Menschen helfen, Erfolg im Beruf, immer Neues lernen, ein abwechslungsreiches Leben haben, Naturerfahrungen. https://de.statista.com/Statistik/daten/studie/170820/umfrage/als-besonders-wichtig-erachtete-Aspekte
Derartige, aber auch andere Wertevisionen erzeugen Wunschbilder, die empfänglich für Lügen und Fakes machen: Denn beim Adressaten zählt nicht die Wahrheit, sondern die vermittelte Emotion. Weil den Adressaten ihre Wünsche wichtiger sind als die Realität. https://www.spektrum.de/news/wahrheit-ist-was-sich-wahr-anfuehlt/2180343
Wer es versteht Wünsche und Emotionen in negativer Weise und zu bösartigen Zielen mit Sprache aufzustacheln, nützt Sprache als Waffe. Siehe Goebbels, Trump & Co.
Fotos: congerdesign/Pixabay, Shutterstock

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